Corona Zentrum

Kommunizieren: Was ist bürgerfreundlich?

168. Diese Zahl bestimmt derzeit unser Leben. Sie wechselt laufend (168 = Stand Ende April 2021): manchmal ist sie höher, wir hätten sie aber lieber tiefer, viel tiefer. Es ist die 7-Tage-Inzidenz der laborbestätigten Corona-Fälle pro 100’000 Einwohnerinnen und Einwohner. Sie ist einer der Faktoren, die aussagen, wie stark die Pandemie in unser Leben eingreift. Publiziert wird sie von Bund und Kantonen.

Man dürfte annehmen, die Zahl sei in sich konsistent. Ist sie aber nicht. Ihre Erfassung ist mit Unwägbarkeiten behaftet, zudem wird am einen Ort die 7-Tage-Inzidenz, am andern die 14-Tage-Inzidenz publiziert. Das verwirrt und erschwert die Vergleichbarkeit. Dem Volk ist damit wenig gedient. Gewiss: Jede Woche gibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen 22-seitigen Situationsbericht zur epidemiologischen Lage heraus, täglich meldet es die aktuellen Fallzahlen (abgesehen vom Wochenende, wo in der Schweiz Corona statistisch Pause macht). Ich wünsche mir von der öffentlichen Hand aber vor allem eine einfache, einheitliche, vergleichende Publikation der wichtigsten Pandemiedaten via Medien, die erlauben, sich rasch einen Überblick über deren Entwicklung zu verschaffen. Doch daran mangelt es weitgehend. Im St.Galler Tagblatt beispielsweise fehlt eine solche tägliche Kurzinfo völlig.

Während Informationen von Unternehmen oft verschwurbelt und floskelhaft daherkommen, krankt die öffentliche Hand nicht nur in Krisenzeiten daran, entweder zu kompliziert – oder gar nicht zu kommunizieren. Die Bürger verirren sich im Datendschungel oder werden im Dunkeln gelassen. Mit Transparenz tun sich Bundesämter gerne schwer: etwa wenn das BAG sich weigert, Impfverträge offenzulegen oder das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) partout keine Daten über Corona-Kredite herausgeben will (was von der Journalistenplattform investigativ.ch mit dem Schmähpreis «Goldener Bremsklotz» quittiert wurde). Auch Kantone wiegelten ab, als es um Dokumente von Corona-Krisenstäben ging.

In unserer Dienstleistungsdemokratie ist solches Gebaren fatal. Die Bürger wenden sich frustriert ab. Dass es auch besser geht, zeigte etwa das Beispiel einer Kooperation von BAG und NZZ bei der Analyse von Coronafällen auf Gemeindebene (oeffentlichkeitsgesetz.ch). Wer bei öffentlichen Institutionen arbeitet, insbesondere im Bereich der Kommunikation, muss sich jederzeit daran orientieren, im Auftrag des Volkes zu handeln: Dienstleistender am Volk – und von diesem bezahlt zu sein.

Jörg Krummenacher
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