Spaltet Corona wirklich die Gesellschaft?

Die Abstimmung zum Covid-19-Gesetz ist geschlagen, das Verdikt klar: die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger stehen klar hinter den bundesrätlichen Vorschlägen und verlängern diese. Und die Verlierer? Sie geben nicht auf, der „Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung“ höre nie auf, schreiben und schreien sie. Das Gesetz „schaffe die Grundlage für Diskriminierung“ und verletze die Grundrechte. Es spalte die Gesellschaft. Wirklich?

Im 19. Jahrhundert waren die Liberalen die bestimmende Kraft im jungen Bundesstaat. Die konservativen Kräfte fühlten sich diskriminiert, ausgegrenzt und – gründeten für ihresgleichen fleissig Institutionen und Unternehmen: Krankenkassen, Zeitungen, Vereine entstanden, die z.T. heute noch existieren. Aber die Schweiz wurde nicht gespalten, im Gegenteil. Warum nicht?

Weil im Gegensatz zu heute die katholisch-konservativen Kräfte die Demokratie hochhielten und deren Resultate – auch wenn sie oft gegen sie ausfielen – akzeptierten. Diese Kräfte gaben der jungen Schweiz ebenso wichtige Impulse, sorgten für ebenso heftige Auseinandersetzungen, wie wir sie heute haben, dachten oft auch quer und halfen so mit, die Schweiz zu formen und weiterzubringen. Aber das Wichtigste: Sie standen zur Verfassung von 1848. Sie waren Freunde und Freundinnen der Verfassung, aufrechte Schweizerinnen und Schweizer…

Bei den neuen „Freunden der Verfassung“ (welch ironischer Titel!), bei den Corona-Treichlern, den „neuen“ aufrechten Schweizern und all den anderen (Corona-) Querdenkern habe ich diesbezüglich Bedenken. Ein wichtiges Element der „Freiheitsdiskussion“ ist die Tatsache, dass die radikalen unter den Abstimmungsverlierern (und Impfverweigerern) durch ihr Verhalten die Freiheit einer Mehrheit gefährden oder einschränken – tatsächlich sind sie es, welche eine Spaltung Gesellschaft provozieren. Ich als mehrfach Geimpfter sehe mich durch sie diskriminiert – nicht umgekehrt.

Würden sie zur Verfassung, zu unseren demokratischen Regeln stehen, dann würden sie jetzt das Verdikt der Covid-Abstimmung akzeptieren und mithelfen, diese Pandemie zu bekämpfen.

Dazu brauchen wir ein krisenfestes Gesundheitswesen, dazu sind Einschränkungen der Grundrechte notwendig, brauchen wir Solidarität und Zusammenhalt. Dafür sollten die Treicheln ertönen.

Daher, wie dies auch die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft schreibt: Genug der Anfeindungen, Drohungen, Gewalt, besser konstruktiv als aggressiv.

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